Mehr Geld – mehr Gold – mehr Seelenheil?
Annäherungen an die spätmittelalterlichen Altenburger Schnitzwerkstätten
Um 1500 ist die Residenzstadt Altenburg ein Hot spot der Herstellung repräsentativer Sakralkunst. Mit den namhaften Werkstätten der Brüder Jakob und Peter Naumann und Franz Geringswalde lassen sich zwei Einrichtungen fassen, die über einen längeren Zeitraum wirkten. Dass sich ihre Altarretabel noch heute in vielen Dorfkirchen des Altenburger Landes auffinden lassen, ist für die Kunstgeschichte der Region ein Glücksfall. Eine noch größere Anzahl ihrer Werke dürfte sich freilich in Museen Thüringens und Sachsens – und wohl auch darüber hinaus – befinden: nicht immer identifiziert, nicht immer angemessen eingeordnet.
Wir sind gegenwärtig noch relativ weit davon entfernt, die Konturen der Altenburger Werkstätten verlässlich skizzieren zu können. Wer waren die Auftraggeber der teils voluminösen Retabel? Was wissen wir Konkretes über die Fertigungsprozesse? Wie sind die heutigen Standorte zu beurteilen? Was wurde disloziert? Was wissen wir – etwa aus Rechnungsbüchern – über Preise und Verluste?
Fragen wie diese sollten eingebunden werden in die größeren Zusammenhänge der Produktion sakraler Kunst im interregionalen Vergleich. Wie verhält sich die Altenburger Produktion etwa zur gleichzeitigen Saalfelder oder zur Erfurter? Wenn zutrifft, dass die Zeit um 1500 von einer zuvor nie dagewesenen Frömmigkeit geprägt war, wäre weiter zu überlegen, ob und wie sich diese Frömmigkeit in den Kunstwerken selbst artikuliert. Erschöpft sich die Religiosität der Zeit in einem Mehr an Ausgaben und Aufwendungen, einem Mehr an Gold? Bedienen die Altenburger Werkstätten vor allem dieses „Mehr“, das immer auch als bessere Versicherung für das Seelenheil verstanden werden konnte?
Sollten sich die überkommenen Erzeugnisse der Altenburger Werkstätten nicht allein als repräsentative Abbilder solcher ‚Rechenspiele des Heils‘ begreifen lassen, wäre weiter zu fragen, ob und in welcher Weise sich in ihnen künstlerische Annäherungen an die geistlichen Fragestellungen der Zeit fassen lassen. Lassen sich Spezifika in Motiv oder Modus herausarbeiten, die auf Besonderheiten der Heilsauffassungen deuten?
Die Altenburger Tagung versucht eine erste interdisziplinäre Annäherung an die Werkstätten und die sie dominierenden Künstlerpersönlichkeiten, die auch die weiteren geschichtlichen, insbesondere frömmigkeitsgeschichtlichen Kontexte berücksichtigt.
Ort: Residenzschloss Altenburg